Montag, Dezember 10, 2007

Ankunft in Bangalore

Bin gestern spät in der Nacht in Bangalore eingetroffen. Am Flughafen durfte ich schon einen ersten Einblick in die indische Bürokratie bekommen. Jeder ist für irgend eine Kleinigkeit verantwortlich und natürlich die wichtigste Person weit und breit. Meinen Pass hat sich wahrscheinlich das ganze Flughafen-Personal angeschaut.

Endlich durch sämtliche Passkonrollen hiess es eine Stunde am Fliessband auf den Koffer warten. Hier durfte ich eine weitere Mentalität kennen lernen - den Ellbogen. Der Zugang zum Fliessband ist eigentlich viel zu klein (so wie der ganze Flughafen eigentlich viel zu klein für eine Millionenmetropole ist). Trotzdem wollte hier jeder mit seinem Kofferkuli direkt bis ans Band. Also wurde geschoben und gedrückt, umrangiert und geschupst was das Zeug hält. Hatte dann jemand endlich seinen Koffer auf dem Kuli, ergab sich das Problem, dass er natürlich nicht mehr vom Band wegkam da hinter ihm alles zugestellt war;-)

Die lange Wartezeit ergab sich vermutlich dadurch, dass das Flugzeug wohl persönlich und Koffer für Koffer einzeln entladen und per Fuss zum Fliessband befördert wurde ;-) Für mich hat sich die Stunde warten dennoch nicht gelohnt - der Koffer war einfach nicht dabei. Nach endlosem Nachfragen fand ich dann ein paar Leute um einen Haufen Koffer stehen bei dem auch meiner dabei war. Einer der Kollegen fühlte sich wohl in der Stimmung von mir dafür belohnt werden zu müssen. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass ich eben erst angekommen bin und deshalb noch kein Geld bei mir habe. Dies hat er wohl nicht verstanden, entnervt gab ich ihm mein restliches Münzgeld aus Bangkok. Glücklich war er nicht, dafür hat er aber Ruhe gegeben.

Nächste Hürde war dann der Schalter für ein Prepaid Taxi. Das die Taxifahrer es hier mit dem Meter nicht ganz so genau nehmen (falls sie überhaupt eins haben), weiss offensichtlich jeder und demnach war die Schlange an diesem Schalter auch endlos. Ich stellte mich also gerade an, als mich ein Mann von der Seite ansprach, dass es zum Prepaid Taxi in die von ihm angezeigte Richtung geht. Keine Lust stundenlang am Schalter zu warten folgte ich ihm. Er rannte dann mit meinem Koffer aus dem Flughafen und suchte seinen Fahrer. Ein anderer Taxifahrer, der mich mit diesem Mann sah versuchte mir wohl in Zeichensprache zu verstehen zu geben, dass ich mich lieber nicht auf ihn einlassen sollte. Ich in meiner Unerfahrenheit dachte mir aber, "ach, was soll schon passieren". Sein Fahrer war endlich gefunden - sitzend in einem Klapperbus beschriftet mit "Racing" sah das natürlich nicht nach einem gewöhnlichem Taxi aus. Ein dritter Mann im Bunde holte dann einen offiziellen Zettelblock für Prepaid Taxis raus. Ich vermute mal, dass sie den irgendwo entwendet oder einfach kopiert haben. Natürlich versuchten sie mir einen hohen Preis plausibel zu machen. Ich wusste aber aus Dokumenten von IIM-B den ungefähren Preis und wir einigten uns irgendwo in der Mitte (ca. 3 Euro). Mir wurde nun zwar doch etwas mulmig, aber ich saß eh schon im Auto und das Gepäck war auch schon verladen. Also los gings. Der Fahrer fuhr mich dann teilweise durch die übelsten Nebengassen, was natürlich zur Dramatik beitrug. Der Anblick von Bangalore und vor allem die dunklen Viertel versicherten mir, dass ich eben doch noch in einem dritte Welt Land gelandet bin. Der Boom in Bangalore sollte darüber nicht hinweg täuschen. Nachdem sich mein "Taxi Fahrer" bei ein paar Passanten nach dem Weg erkundigt hat, hatten wir das in immer weitere Ferne rückende Ziel - den Campus der Uni - doch noch erreicht. Er gab sich dann auch noch viel Mühe das richtige Gebäude auf dem Campus anzusteuern. Was wohl daran lag, dass ich mich geweigert hatte bereits im Vorraus zu zahlen.

Nun ergab sich das nächste Problem. Ich hatte zwar im Vorraus die Uni über meine späte Ankunftszeit informiert und man versicherte mir, dass das kein Problem sein wird,
es war aber doch eins. Natürlich gab es wieder eine Person, die für die Rezeption des Hostels verantworlich ist. Die Rezeption bestand dabei lediglich aus einem Tisch und Stuhl im Freien. Der gute Mann blätterte dann minutenlang in seiner Telefonliste, wusste aber irgendwie trotzdem nicht was zu tun ist. Ich gab ihm zwar die Namen einiger Ansprechpartner, die wollte er aber scheinbar nicht anrufen. Also blätterte er ganz wichtig weiter in seiner Liste. Zum Glück kam dann nach einigen Minuten ein Student vom Exchange Kommittee. Dieser führte mich nach einiger Zeit auf mein "Zimmer". Als ich dieses betrat, wollte ich am liebsten rückwärts wieder raus und auf dem schnellsten Weg zurück nach Brisbane. Der Student sah dies wohl auch und meinte nur, es wäre ja nur für die ersten Nächte. Dies versuchte ich mir dann auch immer einzureden als ich dabei war, mich häuslich einzurichten. Kurze Zeit später klopfte es an der Tür und der Student von eben war zurück um mir die frohe Botschaft zu übermitteln, dass ich doch schon in unser endgültiges Zimmer einziehen kann. Der neue Raum war schon um welten besser. Das Zimmer ist halbwegs sauber und hat ein Doppelbett drin stehen, was aber nicht heist, dass es irgendwie größer als die anderen wäre. Bad und Toiletten befinden sich auf dem Flur. Der Standard entspricht in etwa dem, was wir auf unserer Campertour so am Strassenrand vorgefunden haben. Völlig fertig von meiner anstrengenden Reise und den ersten Eindrücken, bin ich nur noch ins Bett gefallen. Mit Schlafen war natürlich trotzdem nicht viel. Hab mich die ganze Zeit gefragt, ob es richtig war hier her zu kommen und viel schlimmer, auch noch meine Frau mitzubringen. Am nächsten Morgen sah die Welt aber schon wieder viel besser aus. Die Sonne lachte mich an und man hat sich auch schon an den Anblick des Zimmers gewöhnt. Ich kenne das noch ganz gut als ich vor vielen Jahren in meinem jugendlichen Leichtsinn in Halle in eine Abrissbude - in der die Wände vor Schimmel und Schwamm nur so strotzten - eingezogen war. Nach ein paar Tagen gewöhnt man sich einfach daran und sieht das Übel gar nicht mehr. Zur weiteren Freude habe ich heute zwei Deutsche kennen gelernt die in Leipzig ihren MBA machen. So langsam fängt es hier also doch an, Spass zu machen. Jetzt freue ich mich nur noch darauf, dass in ein paar Tagen Melody zu mir kommt. Die ersten Bilder könnt ihr euch anschauen, indem ihr einfach auf das obige Bild klickt.

3 Kommentare:

Roland Schalles hat gesagt…

..na, da bist Du ja gut gelandet !
Der Unterschied zum "Hochglanz-Indien", welches unseren Kollegen immer vorgeführt wird, ist offensichtlich.

Aber - Du schaffst das schon und am Ende ist durch Erfahrung noch kaum einer dümmer geworden !

Anonym hat gesagt…

Hi Matthias,

schön das Du Dich da drüben so wohl fühlst. Scheint ja genau Dein Geschmack zu sein ;). Aber mal ehrlich, war doch auch irgendwie zu erwarten, oder?

In Brisbane gibt's derzeit nichts Neues. Wir hatten noch ein großes Weihnachtsessen/Abschied Sebastien mit den üblichen Verdächtigen. Und nun ist eine kleine Pause angesagt.

Also, dann hab weiterhin viel Spaß beim Studieren auch zu Weihnachten.

Viele Grüsse

Unknown hat gesagt…

Heh, das mit der "Hallenser Abrissbude" verbitte ich mir doch :-) War doch allerfeinste Lage, und ausserdem steht das Haus immer noch !! Also nix von Abriss :-)